Ein Essay

Sprudelnde Ideen — woher kommen die eigentlich?

Sagen Sie mal, woher haben Sie denn all die Ideen? Fliegen die sie so an? Ja, die kommen einfach geflogen. Aber was hat es wirklich damit auf sich? Aus dem Nähkästchen der Inspirationen.
L. Cerón plaudert über die vier A’s: Alltägliches, Ärgernisse und Außergewöhnliches im Alltag (dem literarischen Alltag).

Ideen-Strudel und Ideen-Fontänen

Fliegen die Ideen Sie so an?
Ja. Die kommen einfach geflogen.
Ich würde ja auch schreiben. Aber mir fällt nie etwas ein.
Doch. Mir fällt ständig etwas ein.

Weil ich mich ständig über Ungerechtigkeiten aufrege. Weil dann mein Zorn einen Puffer sucht, wie ein Vulkan, der eine pyroklastische Wolke von sich pustet. Nie gehabt, dass man sich tagelang über irgendwen, irgendetwas aufregt ... Briefe schreibt ... aus dem Fenster schreit ... tausend Anwälte beauftragt ... gleich mit der UN telefoniert. Bis der Zorn verraucht und man denkt: Die Zeit hätte ich besser nutzen können.

Sei es drum. Aber das sollte man sich abgewöhnen. Wenn man schreibt ohnehin. Denn wenn man emotional wird, dann entgleiten einem die Worte. Dann könnte man jemandem auf den Schlips treten. Stopp mal: Wie tritt man eigentlich jemanden auf den Schlips? Indem man ihm einen Sprungkick verpasst? So ans Kinn treten bis die Krawatte schaukelt? Oder wenn man den Finsterling auf den Boden schubst und dann auf die Krawatte trampelt? Schon martialisch, oder?
Ich schweife ab.

Plötzlich sind sie da, die Geschichten

Natürlich sehe ich Charaktere auf den Straßen ... sehe Filme ... tue Dies und Das. Und plötzlich sind sie da, die Geschichten.

Die Idee ...

... zu einem meiner Lieblingsbücher kam mir bei einer Straßenbahnfahrt oder vielmehr danach. Auto war gerade wegen TÜV in der Werkstatt, Monitor ging kaputt. Dann den eledig langen Weg ins Zentrum. Bus. Umsteigen, Straßenbahn zig Stationen und ohnehin laufen, laufen, laufen. War ein richtig trübes Wetter.

Auf dem Rückweg sahen wir dann vier oder fünf, ich glaube fünf, junge, richtig gutgelaunte junge Leute, die mit der Tram in den Space Park fuhren. Shoppen, Kino vielleicht. Lümmelten sich auf die Sitze. So wie jemand, der eigentlich locker ist, aber etwas ziemlich Wichtiges plant. Kritisch schienen sie auch zu sein. Sie trugen ganz normale Young Fashion: Hoodies, Shirts, Jeans. Sie war blond mit einem Strahlelächeln. Einer hatte ein bronzefarbene Haut, Karohemd und MP3-Player. Ein anderer war tonangebend selbstbewusst, bei ihm trafen sich die Blicke.

Aber sie fielen auf, denn sie hatten eine ganz besondere Art von Körperspannung, eine faszinierende Körpersprache, eine ganz eigene Aura eben. Ich möchte sagen, ihre Art zog mich magisch an. Sie schienen mir wie Gäste aus einer ganz anderen Welt.

Eine ganz andere Welt! Und prompt hatte ich die Idee von einer Zwei-Welten-Thematik. Von zwei seit Jahrhunderten getrennten Völkern. Von einem Volk, das ganz anders lebt, ganz anders denkt. Diese fünf Leute aus der Tram, die haben gleich mein neues Buchprojekt besiedelt. Namen bekommen. Drei habe ich originalgetreu umgesetzt. Die anderen beiden hatte ich nur als Schemen wahrgenommen. So lang sind dann vier Stationen Tram auch nicht.

Fazit

So hat jede Geschichte und jeder Buchcharakter eine kleine, eigene Geschichte. Aber nicht jeder Unmut, nicht jede Gestalt oder jedes Detail reicht für einen ganzen Roman. Aber manche Ideen wachsen auch, je länger man sich mit ihnen beschäftigt. Das ist das Schöne dran.

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©L.C./3.10.22./L. Cerón schreibt Abenteuer-Romane über Underdogs und Palastrevolutionen, stets mit einem Bezug zu Ökologie und Umweltschutz.