Mythos Glücksritter*in

Ein Essay

L. Cerón plaudert über die vier A’s: Alltägliches, Ärgernisse und Außergewöhnliches im Alltag (dem literarischen Alltag).

Glücksritterin und Glücksritter

Das Synonymwörterbuch1 sagt: Hans im Glück. Glücksjäger*in. Hasardeur*in. Wagehals. Aventurier. Ein Abenteurergemüt, das sich auf sein Glück verlässt. Aus den Kindermärchen kennen wir viele Glücksritter. Der mit dem ›Tischlein deck dich‹ zum Beispiel. Tut nicht wirklich was, aber kriegt die Welt geschenkt.

Manchmal ist der Begriff Glücksritter gut belegt, im Sinne von friedlich, nett, glücklich, erfolgreich. Dann ist der Glücksritter eine Art Gustav Gans: einer der wagt und gewinnt. Ein Lottomillionär. Der Hunderttausendste Besucher, der den ganzen Einkaufswagen geschenkt bekommt. Einer, der keine Lust hatte, alle Geschichtsdaten auswendig zu lernen und doch in der Klausur eine Eins bekommt.

Aber manchmal ist der Begriff Glücksritter auch böse belegt, im Sinne von liederlich, leichtsinnig, ungerecht. Dann ist der Glücksritter ein Tunichtgut. Einer, der keine Lust hat sich anzustrengen. Der sich so gerade eben aus allem herauswindet. Entweder eine Sofakartoffel oder ein Schummler. Dieser Glücksritter hat quasi die Einstellung, von der uns unsere Eltern immer gewarnt haben.

Ich habe nie über einen Glücksritter geschrieben.
Warum? Weil mir das fremd war.
Ich bin jemand, der immer hinter der längsten Supermarktschlange steht. Der auf dem Hinweg mit Gegenwind radelt und auf dem Rückweg auch mit Gegenwind radelt, weil der Wind beim Einkaufen gedreht hat. Und so weiter.

Aber plötzlich hat es mich gepackt.
Da habe ich doch einen Glücksritter entworfen.
Einer, der auf der richtigen Seite steht, aber die falschen (politischen) Feinde hat. Ihm droht großes Unheil. Eigentlich müsste er fliehen. Doch er glaubt an sein Glück und bleibt. Und dann kommt tatsächlich eine Art Peter Pan (infiltrierender Spion aus dem Ausland) und verhilft ihm (und seiner Demokratie) zum Sieg (aber nur, weil er bereit ist, Naturschutz auf seine Fahne zu schreiben). Überhaupt glaubt er immer an sein Glück, lamentiert und lamentiert und lamentiert ... und lässt es laufen ... lässt es immer darauf ankommen. Zum Haare-raufen!
Ist das nicht herrrrlich glückritterrrrlich?

Was ist das Schöne an einem Glücksritter? Ich würde sagen die Leichtigkeit, die Unbeschwertheit. Er kann etwas sagen oder tun, und wir Leser glauben es ihm. Und wir glauben es ihm gerne, weil wir uns noch lieber mit ihm identifizieren. Wie klingt das: Ich bin Glücksritter*in. Mir gehört die Welt. Epochal genial, nicht wahr?

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Fußnote
1© Duden - Das Synonymwörterbuch, 4. Aufl. Mannheim 2007 [CD-ROM]

©L.C./26.12.22/L. Cerón schreibt Abenteuer-Romane über Underdogs und Palastrevolutionen, stets mit einem Bezug zu Ökologie und Umweltschutz.

Disclaimer: Die hier vorgestellten Bücher sollen meinen Text untermauern. Sie sind also nur Werbung in eigener Sache. Ich erhalte keine Provisionen oder bin sonst wie mit den Verlagen oder den Autoren vernetzt. Vorsichtshalber möchte ich Sie darauf hinweisen, bevor ein falsches Bild entsteht. Danke. L. Cerón.