Wie viel Ökozid
darf es denn sein?

Ein Essay

Ökobotschaften in Romanen. Gibt es die überhaupt? Oder bleibt es bei Tarantulas, weißen Haien, Monsterpflanzen und anderen Ungeheuern? L. Cerón stellt einen Roman und eine Kurzgeschichte vor, die ganz anders sind.
Aus der Serie: L. Cerón plaudert über die vier A’s: Alltägliches, Ärgernisse und Außergewöhnliches im Alltag (dem literarischen Alltag).

Bibliographische Angabe

Autor: Neal Stephenson

Title: Zodiac

Genre: Eco-Thriller / Novel

Publisher: Grove Press, New York

Erschienen: 1988

auf Deutsch: Volles Rohr

Bibliographische Angabe

Autor: Paolo Bacigalupi

Title: Pump Six and other stories

Genre: Short Stories

Publisher: Night Shade Books, San Francisco

Erschienen: 2008

Bibliographische Angabe

Autor: L. Cerón

Title: Shoot the Freak

Genre: Roman

Publisher: Amazon

Erschienen: 2014

Hand aufs Herz

Würden Sie nicht auch gerne echte Öko-Schurken eigenhändig verurteilen? Walfänger harpunieren ... Bauern das Glyphosat stehlen ... alle Kettensägen sabotieren ... Wilderer erschießen ... Bonzen auf die Schornsteine ihrer Giftfabriken binden? Genial, oder?

Zodiac ...

... oder auf deutsch Volles Rohr ist ein Eco-Thriller von Neal Stephenson. Der Roman ist von 1988, also mittlerweile über dreißig Jahre alt. Damals schon hat der Held die Ökozid-Schurken gejagt. Seitdem haben wir nichts dazugelernt.
In der Kurzzusammenfassung heißt es schlicht: Der Roman beschreibt einen Kampf gegen die Umweltverschmutzung und Umweltzerstörung. Ein Held in einem Schlauchboot Marke Zodiac jagt einen Bostoner Chemiekonzern, der Hafen und Strände der Stadt mit Giftmüll verseucht. Um den Skandal zu vertuschen, geht der Konzern über Leichen.
Cerón verbuchte den Roman unter dem Stichwort: Ein Buch, das ich gerne geschrieben hätte, das ich hätte schreiben sollen.

Blättern wir zurück!

1985 wurde der Schnelle Brüter in Kalkar fertiggestellt. Im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklungen und ökologischen Bedenken wurde er nie in Betrieb genommen und gilt mit sieben Millarden Mark Baukosten als eine der größten Investitionsruinen Deutschlands. Schade um das Geld, gut für die Natur.

Atomkraft nein danke

Aufbruchstimmung. Eine neue grüne Welt! Wer erinnerte sich nicht an die Sticker Atomkraft nein danke, die jede Straßenlaterne, jedes Haus, jedes Rad und jedes Auto besiedelten? Das letzte Schildchen klebte an einem Chaoten-Haus am Ostertorsteinweg in Bremen. Und wie ich schmunzelte! Ich sah den Riesenaufkleber mehr als ein Jahrzehnt, zuletzt 2012. Vielleicht klebt er ja noch immer dort?

Etwa 1988 ...

... wohnte ich für zweihundert gute alte Deutsche Mark in einem umgebauten Schrebergartenhaus. Ich arbeitete zwar, doch ich pfiff auf die bürgerliche Gesellschaft.
Draußen: Wir hatten einen großen, verwilderten Garten. (Das war ein Muss, nachdem mein Vater zu Hause kategorisch jeden Löwenzahlstil mit einem Stecher entfernen ließ (von uns), um einem englischen Rasen nachzueifern.) Wir hielten eigene Hühner, die samt Hähnen munter über die Straßen spazieren. Unsere Katzen kümmerten sich fast um sich selbst. Hund dabei. Obstbäume in Fülle.
Drinnen: Keine Heizung, nur Kohleöfen. Badezimmer mit einem Boden, wie ihn die Natur schuf. Zwar eine Badewanne, aber kein Boiler. Zwar ein Waschbecken, aber kein Wasser. Nur ein Wasserschlauch, den man in eine sehr ordentliche ... na sie wissen schon ... hielt.

Hereingeregnet hat es auch und das nicht zu knapp. Wir stellten Töpfe darunter. Doch irgendwann waren wir es leid, darum herum zu laufen, denn die Töpfe standen mitten in der Küche, ringsum kleine Lachen. So hängten wir unter der Decke eine Silofolie auf, wie ein Zeltdach, schräg in Richtung Spüle. Nun tropften die Tröpfchen in die Folie, perlten entlang und plumpsten in die Spüle. Problem gelöst. Man hätte natürlich auch das Dach abdichten können, aber das wäre schwierig gewesen.

Kleines Fazit

Jahre später habe ich diese alternative Chaoszeit in Shoot the Freak verarbeitet. Neal Stephenson hat sie in Zodiac gleich zu Papier gebracht, er war klüger. Damals, in den 80ern, gab es noch richtig viele, hehre Umweltschützer. Die mit den Atomkraft-nein-danke-Stickern, der Ente, den lila Latzhosen und den Wollsocken. Welche die nur kifften und philosophierten. Und welche, die etwas taten wie der Held von Stephenson. Liebe Leseratten, einfach mal Zodiac lesen. Trifft den Zeitgeist. Trifft den Nerv.

Nächstes Buch: Pump Six

Es handelt sich um eine Kurzgeschichtensammlung von Pablo Bacigalupi aus dem Jahre 2008. Daraus stelle ich mit wenigen Worten die Kurzgeschichte The People of Sand and Slag vor. Sie kennen Paolo Bacigalupi? Er hat für seinen ersten Roman The Windup Girl oder auf Deutsch Biokrieg gleich mehrere Auszeichnungen bekommen. Seine Themen: Rohstoffknappheit, Hungersnot und Genlaboratorien. In der Kurzgeschichte The People of Sand and Slag geht es um einen Hund. Doch die Gruppe, die einem sogenannten Bio-Job nachgeht, kennt keine Hunde. Sie überlegt, ob man ihn essen kann ... Mehr verrate ich nicht. Eine zweifellos skurrile und krude Erzählperspektive. Typisch Bio-Punk eben.

Übrigens Hunde ...

Cerón hatte auch als Großstadtpflanze nicht den Naturschutzgedanken eingetauscht und schimpfte früher jede*n auf der Straße an, der/die seinen/ihren TAUBEN Hund anschrie oder ihn auf ganz rüde KZ-Art zu seinem/ihren Stiefelknecht machte. Auch wenn das gar nichts brachte, denn ohne Kommunikation geht es nicht.

Fazit

Wie schreibt man Ökozid-Themen, damit sie spannend sind? Frosche-tragende Ökos als Sondereinsatzkommando klappt nicht. Ein erhobener Zeigefinger führt zum Buch-nicht-kaufen. Besiedeln wir unseren Roman in spe mit mutierten Pflanzen und Tieren, denkt so mancher: Siehste! Doch besser betonieren und Glyphosat spritzen. Ja! AUSROTTEN, bevor so etwas passiert! Vielleicht so wie Avatar?

***

©L.C./15.9.22/L. Cerón schreibt Abenteuer-Romane über Underdogs und Palastrevolutionen, stets mit einem Bezug zu Ökologie und Umweltschutz.

Disclaimer: Die hier vorgestellten Bücher sollen meinen Text untermauern. Sie sind also nur Werbung in eigener Sache. Ich erhalte keine Provisionen oder bin sonst wie mit den Verlagen oder den Autoren vernetzt. Vorsichtshalber möchte ich Sie darauf hinweisen, bevor ein falsches Bild entsteht. Danke. L. Cerón.