Sellos heißt auf Spanisch Stempel, Drehstempel, Siegel in allen Ausprägungen. Briefmarken auch. Aber wie sieht das aus, wenn sie Hunderte Jahre alt sind und die First Nations aus Mexiko sie kreierten? Nur was für Wissenschaftler? Keineswegs!
L. Cerón plaudert über die vier A’s: Alltägliches, Ärgernisse und Außergewöhnliches im Alltag (dem literarischen Alltag).
Bibliographische Angabe
Autor: Jorge Enciso
Title: Sellos del Antiguo Mexico
Genre: Fachbuch über die indigene Kultur Mexikos
Publisher: editorial innovación s.a., México
Erschienen: 2047
Das Buch, das ich vorstelle, heißt:
Sellos del Antiguo Mexico und ist von Jorge Enciso aus dem Jahr 1947.
Es handelt sich um eine Sammlung handgemalter Stempelmuster der First Nations in Mexiko.
Habe ich schon über vergessene Kulturgüter geplaudert? Das ist eins. Damals jedenfalls, 2014, als ich danach suchte. Doch fangen wir von vorne an.
Im Jahre 2014 suchte ich Vignetten für die Kapitel meiner Saga. Sie sollten möglichst antik sein, von den Maya, Nahuatl, Zapoteken, Tarahumara, von den First Nations aus Mexiko eben. So habe ich Motive gesucht, gesucht und gesucht. Aber alles war gleich so wuchtig: Olmekenköpfe, Pyramidenmauern, Skulpturen. In klein wirkte das dann nicht so, wie ich mir das vorstellte. Plötzlich fand mein L.-Cerón-Fan einen kleinen Frosch. Das Motiv sprach mich augenblicklich an, weil es stilistisch so anders war, als alles was ich bisher gesehen hatte, alles was wir aus der Antike kennen.
Er forschte und fand heraus, dass der Frosch zu einer Serie sogenannter Sellos gehörte. Das ist Spanisch und bedeutet Stempel, Drehstempel, Siegel in allen Ausprägungen. (Briefmarken übrigens auch.) Die Stempel wurden von den First Nations aus Mexiko als Schmuck eingesetzt. Sogleich stieß er auf das Werk von Jorge Enciso. Dessen Buch Sellos del Antiguo Mexicobesteht aus über einhundertfünfzig Seiten mit bis zu zehn Motiven pro Seite. Er zeichnete sie selbst. Ein wahres Füllhorn an Mustern und Ideen. Ein paar Worte zum Buch.
Im Vorwort der Ausgabe steht, dass das Buch keine wissenschaftliche Dissertation ist und auch keine historische Stempelsammlung. Es handelt sich lediglich um eine künstlerische Imagination als Quelle für moderne Kunst. Es gibt ein breites Spektrum an Materialien, Techniken und Motiven von vielen Völkern aus vielen Gebieten.
Die meisten Stempel sind aus gebackenem Ton. Einige in Yucatan wurden aus Stein gefertigt. In Pátzcuaro benutzte man Kupfer, in Xochimilco Knochen. Möglicherweise gab es auch Stempel aus Silber oder Gold, doch die sind einst wohl von Plünderern eingeschmolzen worden. Die Stempel aus Knochen oder Holz sind zerfallen.
Wie stellt man sich das vor? Nun, geschmeidiger Lehm wurde mit der Hand modelliert und in einfachen Öfen gebrannt. Es gibt flache und zylindrische Formen und mehrere Arten von Griffen, um die Stempel mit einer oder beiden Händen anzudrücken oder abzurollen. Der Künstler Jorge Enciso hat ein Blatt Papier über die Stempel gerollt und die Umrisse nachgezeichnet.
Der kleinste Stempel ist nur einen Quadratzentimeter groß, der größte dreiundzwanzig. Mit ihnen hat man Alltagsgegenstände und Tonwaren geschmückt. Durch das Aufdrücken auf dem nassen Lehm wurde zum Beispiel auf Schalen ein Relief erzeugt. Anschließend wurden die Muster koloriert.
Die Farbstoffe entstammen der Natur.
Schwarz: von der schwarzen Erde Ocotl oder den Pinien Tlayacac.
Weiß: von weißer Erde Tizatlali oder Gips Chimaltizel.
Rot: vom Blutbaum Escahuitl, der Assel Nochistli oder der Achinotl oder Achinote, Lippenstiftbaum.
Gelb: gelbe Erde Tecozahuitl, der Saft des Mohns "thorny poppy", "Amapola espinosa" und der Zacatlascal, der Parasit einiger Tropenbäume.
Blau: Indigo als Türkis gemischt mit weiß und Alaun.
Die Stoffe wurden gemahlen und mit dem Öl der chía, der Salbeipflanze, des Mohn oder der Alaun Tlalxocotl gemischt. Alaun ist ein Mineral (Kalium-Aluminium-Sulfat), ein Beiz- und Färbemittel.
Stempel waren Handelsware und wurden nicht dort entdeckt, wo sie hergestellt wurden. Die Fundorte erstrecken sich in den USA und Mexiko, doch sie wurden auch auf den Antillen, in Mittel- und Südamerika gefunden. Die Stempel waren schon in der Antike Mexikos bekannt: bei den Olmeken, in Teotihuacan, bei den Nahuatl und Totonaken.
Trotz des abstrakten Charakters waren geometrische Muster üblich. Sie folgten naturalistischen Designs wie Blumen, Tieren und Figuren kombiniert mit geometrischen Mustern. Fantastische Muster entstanden aus zeremoniellen, künstlerischen oder symbolischen Motiven, die von Riten oder Gebräuchen abgeleitet wurden. Diese Muster sind eine Offenbarung des schönen Erbes aus dem antiken Mexiko.
Damals jedensfalls. Ich habe versucht, das Buch zu kaufen. Vergeblich. Ich habe versucht, eine Lizenz zu erwerben. Vergeblich. Das Buch wurde nicht aufgelegt. Die Quelle war nicht zu ermitteln. Niemand war zuständig oder erreichbar. Ich gab auf.
Jetzt, bei der erneuten Bearbeitung der Saga nach vielen Jahren Untätigkeit, fand ich das Buch wieder. Es war vor etwa zwei Jahren beim Internet Archive (www.archive.org) eingestellt worden. Dort kann man es sich ausleihen, stöbern, staunen, stöbern.
Also ab ins Archiv, fremde Welten kennenlernen, aber fix bitte! Und vorher: Zur Linken finden Sie demnächst einige Skizzen, die L. Cerón höchstpersönlich mit dem wacom nachahmte. Lachen erlaubt, denn Cerón ist ein Schreiberling, ein Kleckserling und kein Künstlerling.
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©L.C./27.9.22/L. Cerón schreibt Abenteuer-Romane über Underdogs und Palastrevolutionen, stets mit einem Bezug zu Ökologie und Umweltschutz.
Disclaimer: Die hier vorgestellten Bücher sollen meinen Text untermauern. Sie sind also nur Werbung in eigener Sache. Ich erhalte keine Provisionen oder bin sonst wie mit den Verlagen oder den Autoren vernetzt. Vorsichtshalber möchte ich Sie darauf hinweisen, bevor ein falsches Bild entsteht. Danke. L. Cerón.